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Brief
an eine liebe Freundin
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Die Liebenden von
Mike Strunck
Dieses
Motiv
als Ecard
Liebe
Christiane,
gestern, beim
Aufräumen, hielt
ich Dein Foto in den
Händen. Und heute Nacht habe ich von Dir
geträumt. Im Traum wurde mir klar - ich habe unsere
Freundschaft der Angst geopfert. Jener Angst, die immer aus dem Kopf
kommt - niemals aus dem Herzen.
Ich glaubte, meine eigenen Ängste überwunden. Doch
immer, wenn Du mir von Deiner Angst erzähltest, kamen all die
ängstlichen Gefühle wieder hoch. Und während
ich versuchte, Dir Mut zu machen, wuchs in mir der Wunsch, auszusteigen
aus dem ewigen Kreislauf.
Wie oft habe ich seitdem Dein Bild betrachtet. Dieses Bild aus
vergangenen Tagen, auf dem Du so herzlich lachst. Dein Lachen
war es, das mich zu Dir hinzog, als wir uns vor fünfzehn
Jahren begegneten.
Ich denke gern an die Tage, an denen wir kichernd und frierend an der
winterlichen, stürmischen Ostsee entlang liefen -
und Du am Pönitzer See bemerktest, ich
hätte Angst vor Pferden - was ich aber abstritt. An unseren
Ausflug ans Steinhuder Meer, wo wir stundenlang durch das Moor, durch
Preiselbeeren und quietschnasse Grasbüschel wateten. Und weil
nie ein Horizont in Sicht
kam, bat ich Dich, umzukehren.
Als wir durch Wilhelm Buschs Heimatdorf Wiedensahl fuhren, rezitierte
ich Teile aus der frommen Helene, das Gedicht vom Zahnschmerz
und über das geplagte Klavier - und Du kugeltest Dich vor
Lachen.
Am Abend bekochtest Du mich - ein Indisches Gericht - Reis und rote
Linsen und Joghurt - und mir fiel auf, dass ich noch nie vorher so
liebevoll bekocht wurde.
Heute im Traum traf ich Dich endlich wieder. Auf
dem Bahnhofsplatz, wo ich mit zwei Männern
ein Picknick abhielt. Wir saßen zu dritt auf dem
Kopfsteinpflaster - und Du allein ein paar Meter
entfernt.
Ich setzte mich zu Dir - und sofort war die alte
Vertrautheit wieder da.
Nach der herzlichen Begrüßung ging ich
zurück
zu den Männern, um dir etwas zu essen zu holen
- und schlief darüber ein.
Als ich wieder erwachte, sah ich Dich ins Auto
steigen. Du fuhrst davon, ohne zurück zu blicken.
Ich winkte und rief Dir hinterher. Doch Du
reagiertest nicht. Da schnappte ich mir ein altes
Fahrrad, um Dir nachzufahren. An einem
Fahrradstand glaubte ich Dich zu erkennen.
Doch Du warst es nicht - und da wurde mir klar,
ich wusste weder Deine neue Adresse, noch
Deine Telefonnummer
- und hatte Dich damit endgültig verloren.
Liebe Grüße .....
© Karin Rohner 2007
Julie
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