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Der Schmuck der Mutter
Mensch, es ist der Schöpfung
Pracht
nicht für dich allein gemacht.
Einen Teil hat sich zur Lust
die Natur hervorgebracht.
Darum singt die Nachtigall,
wo du schlummerst in der Nacht.
Und die schönste Blume blüht,
eh des Tages Aug erwacht.
Und der schönste Schmetterling
fliegt, wo niemand sein hat Acht.
Perle ruht im Meeresschoß,
und der Edelstein im Schacht.
Kind, da reichlich Aug und Ohr
dir mit Fülle ist bedacht,
gönn der Mutter etwas auch,
das sie zum Geschmeid sich macht.
Gasel
von Friedrich Rückert
Beim
Totengräber pocht es an:
"Mach auf, mach auf, du greiser Mann!
Tu auf die Tür und nimm den Stab,
mußt zeigen mir ein teures Grab!"
Ein Fremder spricht's mit strupp'gem Bart,
verbrannt und rauh nach Kriegerart.
"Wie heißt der Teure, der euch starb
und sich ein Pfühl bei mir erwarb?"
"Die Mutter ist es, kennt ihr nicht
der Martha Sohn mehr am Gesicht?"
"Hilf Gott, wie groß, wie braungebrannt!
Hätt' nun und nimmer euch erkannt;
Doch kommt und seht, hier ist der Ort,
nach dem gefragt mich Euer Wort.
Hier wohnt, verhüllt von Erd' und Stein,
nun Euer totes Mütterlein".
Er steht und starrt zum teuren Grab
mit tränenfeuchtem Blick hinab.
Dann schüttelt er sein Haupt und spricht:
"Ihr irrt, hier wohnt die Tote nicht.
Wie schlöss' ein Raum, so eng und klein,
die Liebe einer Mutter ein!"
Johann Nepomuk Vogl
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Heimat
Und auch im alten Elternhause
und noch am Abend keine Ruh?
Sehnsüchtig hör ich dem Gebrause
der hohen Pappeln draußen zu.
Und höre sacht die Türe klinken,
Mutter tritt mit der Lampe ein;
und alle Sehnsüchte versinken,
o Mutter, in dein Licht hinein.
Richard
Dehmel
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